Mitarbeitergespräche können lähmend wirken oder aber für den nötigen Motivationsschub sorgen. Personalmanager haben es in der Hand, und wir erklären, wie die neuen Arten und Ziele der Mitarbeitergesprächsführung dabei helfen.
Mitarbeitergespräche haben einen denkbar schlechten Ruf. Nicht wenige Arbeitnehmer gehen mit Bauchschmerzen in das Gespräch und fühlen sich anschließend völlig überrumpelt: Gegenseitige Vorwürfe und Mauern auf beiden Seiten sind oftmals die Konsequenz. Viele fühlen sich wie kleine Schulkinder, die sich bei der Zeugnisausgabe am letzten Schultag ihre Noten abholten und sich entweder über einen Bonus freuen oder aber - und das ist leider viel zu oft noch der Fall - verunsichert und nicht wertgeschätzt das Meeting verlassen. In ihren Augen haben sie hart gearbeitet und sich angestrengt; die Mitarbeiter fragen sich, warum ihre Leistung nicht gewürdigt wird. Das dadurch nicht gerade die Motivation gefördert wird liegt eigentlich auf der Hand.
Eine derart veraltete Art der Mitarbeitergesprächsführung, in dem der jeweilige Mitarbeiter nur bewertet und einseitig neue Ziele festgelegt werden, zeichnet sich durch
- schlechte Vorbereitung,
- mangelnde Strukturierung,
- unklare Anweisungen und
- mangelnde Kommunikation aus.
Kommt dann noch das Machtgebärden eines autoritär, starren Chefs hinzu, lässt die schlechte Stimmung im Betrieb nicht lange auf sich warten. Obwohl dieser sicherlich das genaue Gegenteil erreichen wollte. Kurzum, auf beiden Seiten wird das Personalgespräch nicht gerade mit leuchtenden Augen unterstützt. So stellt eine Studie von Willis Towers Watson fest, dass 45% der Manager keinen Wert in den von ihnen verwendeten Verfahren von Mitarbeitergesprächen sahen.
So bezeichnete in einem kürzlich erschienenen Artikel für People + Strategy ein Deloitte-Manager den traditionellen Performance Management-Prozess als "eine Investition von 1,8 Millionen Stunden, die nicht mehr zu unseren Unternehmensanforderungen passte."
Diese Berechnungen zeigen, dass der gegenwärtige Bewertungsprozess der Mitarbeiter bestehend aus einem jährlichen Personalgespräch sich langfristig nicht rechnen und auch nicht mit den Unternehmenszielen moderner Unternehmen übereinstimmen.
Was uns besonders schockiert sind Studien von CEB, die eine Schieflage zeigen, die wir schon lange vermuteten: Zwei Drittel der Mitarbeiter, die in einem typischen Mitarbeitergespräch die höchsten Punktzahlen erhalten, sind überhaupt nicht die Leistungsträger des Unternehmens, für die sie sich halten oder gehalten werden.
Weg vom Jahresabschlussgespräch
Schauen wir uns noch einmal kurz die traditionellen Methoden der Mitarbeitergespräche an. Dazu zählen:
- Einmal jährlich stattfindende Personalgespräche
- Bewertungsskalen
- Checklisten
- Forced Choice-Auswahlmethoden, die einen Bewertungsvergleich mit anderen Mitarbeitern erzwangen
- Leistungstests und Beobachtungen
- Aufsatz-Methoden
- Boni und Beförderungen werden wie die berühmte Karotte vor der Nase gehalten
- Und vieles mehr, was was wir selber aus unzähligen unangenehmen Gesprächen kennen.
Als im Jahr 1981 zum Beispiel Jack Welch CEO von General Electric wurde, setzte er ein System der Zwangseinstufung ein, um die Arbeitnehmer am unteren Ende der Skala zu identifizieren und letzten Endes zu entlassen. Welch setzte Leistung mit den individuellen Fähigkeiten des Einzelnen gleich und ignorierte ihr Wachstumspotenzial weitgehend. Dazu teilte Welch seine Belegschaft in sogenannte A-Player (die besten 20 Prozent) ein, die eine finanzielle Entlohnung verdient hatten, B-Player (die breite Mitte von rund 70 Prozent), die zum Wachstum ermutigt werden sollten und die zehn schlechtesten Prozent, C-Player genannt, die entlassen werden müssen. In diesem System wurde nur den A-Playern eine echte Entwicklungsmöglichkeit eingeräumt - den Hochbegabten, die ausgewählt wurden, um in Führungspositionen aufzusteigen.
Mit ihrer starken Betonung auf finanzielle Anreize und mögliche Sanktionen bei Nichteinhaltung sowie ihrer Jahresendstruktur ziehen diese veralteten Methoden der Mitarbeitergespräche Menschen für vergangenes Verhalten zur Rechenschaft. Dabei bleiben wichtige Entwicklungen komplett auf der Strecke., wie etwa:
- Verbesserungen der aktuellen Leistung,
- persönlicher Wachstum und Weiterentwicklung
- sowie die Entwicklung von Nachwuchskräften
Dies ist jedoch für das langfristige Überleben von Unternehmen von entscheidender Bedeutung - heutzutage angesichts des drohenden Fachkräftemangels und Trend zur mobiler Arbeit mehr denn je. Wir können es uns nicht mehr leisten, Mitarbeiter auszubilden und dann wieder zu feuern, nur weil wir sie alleine zuhause sich selbst überlassen und hoffen, das Ganze wird sich schon irgendwie regeln.
Die Neuerfindung des Performance Managements
Wie lässt sich dieses Dilemma denn nun am besten lösen? Müssen wir in Zukunft komplett auf Mitarbeitergespräche verzichten? Immerhin werden Arbeitsplätze immer komplexer und wandeln sich innerhalb kürzester Zeit. In dieser Umgebung gestaltet sich eine langfristig sinnvolle und jährliche Zielsetzung als schwierig. Hinzu kommt, dass die Entwicklung hin zu Teamarbeit oft im Widerspruch zu individuellen Beurteilungen und Entlohnungen steht.
In den Nuller-Jahren leiteten High-Tech-Firmen eine neue Art des Denkens über Leistung ein. Software-Entwickler verfassten im Jahr 2001 das "Agile Manifesto", in dem sie mehrere Schlüsselwerte umrissen, zum Beispiel:
- Individuen und Interaktionen wertzuschätzen
- Auf Veränderungen zu reagieren ist wichtiger als das Befolgen eines Plans
- Die Betonung auf Zusammenarbeit, Selbstorganisation, Selbststeuerung und regelmäßige Selbstreflexion, wie man effektiver arbeiten kann.
Diese Änderung der Definition von Wirksamkeit am Arbeitsplatz stand im Widerspruch zur damals üblichen Praxis, im Mitarbeitergespräch Ziele von oben nach unten zu formulieren und Arbeitnehmer einmal im Jahr anhand dieser Ziele zu beurteilen und bewerten.
Stattdessen sollten mehrere, über das Jahr verteilte Feedbackgespräche helfen, kontinuierlich mit den Mitarbeitern im Gespräch zu bleiben. Das klingt erstmal nach mehr Aufwand und Arbeit, zahlt sich aber langfristig aus.
Denn regelmäßige Gespräche über Leistungen und Weiterentwicklung verlagern den Schwerpunkt der Mitarbeitergespräche auf die Kompetenzen der Arbeitnehmer und den Aufbau und Motivation der Belegschaft. Dadurch ist das Unternehmen flexibel und wettbewerbsfähig aufgestellt anstatt auf starren Routinen zu beharren. Der Wirtschaftsforscher Josh Bersin schätzt, dass sich langfristig etwa 70% der multinationalen Unternehmen in Zukunft auf dieses Modell zubewegen werden.
Vorteile der neuen Ziele innerhalb eines Mitarbeitergesprächs
Die Vorteile eines solchen kontinuierlich stattfindenden Feedback-Prozesses liegen auf der Hand.
Return of people development (Anstatt Investment)
Beraterunternehmen machen es schon seit langem vor: Sie stecken viel Arbeit in die strukturierte Ausbildung unerfahrener Hochschulabsolventen, um diese zu qualifizierten Beratern auszubilden. Oftmals übertragen die Firmen zusätzlich ihren Mitarbeitern die Verantwortung für ihr eigenes Wachstum, die durch das Lern- und Aufstiegspotenzial sehr stark motiviert sind.
Learning: Umfangreiches Feedback der Vorgesetzten durch häufige, informelle Check-Ins motiviert mehr als jährliche Mitarbeitergespräche und ermöglicht es den Mitarbeitern, Verbesserungsvorschläge besser zu verarbeiten und anzuwenden.
Notwendigkeit der Agilität
Die Möglichkeit, sich schnell auf Veränderungen einzustellen, schaffen enorme Wettbewerbsvorteile. Dementsprechend sind kurzfristige, sich ständig verändernde Projekte in Unternehmen an der Tagesordnung und mit ihnen die Ziele und Aufgaben der Mitarbeiter. Vorgesetzte können also gar nicht ein Jahr im Voraus die Erwartungen des Mitarbeitergesprächs definieren.
Learning: Regelmäßige Gespräche mit den Mitarbeitern über kurzfristige Prioritäten ersetzen die Jahresabschlussgespräche.
Zentrale Bedeutung der Teamarbeit
Den Fokus von erzwungenen Klassifizierungen und Bewertungen wegzunehmen hin zu individueller Verantwortung erleichtert die Teamarbeit ungemein. So gibt es in vielen Unternehmen zwar immer noch Jahresabschlussgespräche, aber nur um das kontinuierliche Feedback des gesamten Jahres zusammenzufassen und die Lohnerhöhungen entsprechend festzulegen. Die Ziele werden vierteljährlich in Mitarbeitergesprächen immer wieder neu festgelegt.
Learning: Kontinuierliche KPIs und Zielvereinbarungen im Mitarbeitergespräch und der Fokus Teamwork verbessern das Betriebsklima ungemein und nicht zuletzt dadurch auch die Unternehmensleistung.
Ganzheitlicher Ansatz der Mitarbeitergespräche wichtiger denn je
Solche regelmäßigen Mitarbeitergespräche werden dem natürlichen Kreislauf der Arbeit bei weitem besser gerecht, weil sie sich ganzheitlich gestalten. Im Idealfall finden Gespräche zwischen Managern und Mitarbeitern dann statt, wenn Projekte abgeschlossen sind, Meilensteine erreicht werden oder Herausforderungen auftauchen. Dadurch können Arbeitnehmer Probleme bei der aktuellen Tätigkeit lösen und gleichzeitig Qualifikationen für die Zukunft entwickeln.
In den meisten Unternehmen übernehmen die jeweiligen Vorgesetzten die Führung bei der Festlegung kurzfristiger Ziele, und die Mitarbeiter führen das ganze Jahr über Feedbackgespräche. Dadurch gibt nicht nur ein Gespräch mit dem Chef über die Zukunft, dem mit viel Angst und Unsicherheit einmal im Jahr von beiden Seiten entgegengefiebert wird, sondern vielmehr ein Mitarbeitergespräch auf Augenhöhe, in dem es um Ziele und Stärken geht, und wie man die verbessern kann.
Stetiger Wandel, ständig neue Innovationen, der Fachkräftemangel und der tägliche Kampf im Wettbewerbsvergleich haben in der jüngsten Vergangenheit dazu geführt, dass Unternehmen ihre Art der Mitarbeitergespräche anpassen mussten. Dabei kommt es besonders auf die Unterstützung seitens der Führungsspitze und einer einheitlichen Unternehmenskultur an. Selbst Unternehmen, die unter welchen Umständen auch immer, an den alten Prozessen und Zielsetzungen der Mitarbeitergespräche festhalten, sollten im Auge behalten, wie sie in Zukunft Nachwuchskräfte an Bord holen. Denn wenn wir eins aus den jüngsten Herausforderungen durch COVID-19 gelernt haben, dann sind Flexibilität und schnelles Einstellen auf Veränderungen die beste Möglichkeit auf anfallende Krisen zu reagieren und sein Unternehmen sicher durch das Fahrwasser zu manövrieren.
In diesem Sinne interessierst Du Dich bestimmt auch dafür, wie Julian Teicke, Gründer und CEO der wefox-Gruppe, die Zukunft der Arbeit beschreibt.
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