Wie können unabhängige Personalberater neue Kund*innen gewinnen?

Für viele ist der Wechsel von einem Vollzeitjob im Personalwesen zu einer selbstständigen Tätigkeit als HR-Consultant ein selbstverständlicher Karriereschritt. Für andere wiederum, die mit der Selbstständigkeit liebäugeln, ist dieser Schritt mit einigen Herausforderungen verbunden.

Aus diesem Grund haben wir uns mit Marie Richter aus Berlin zusammengesetzt. Als erfolgreiche HR-Beraterin hat sie einige erstklassige Tipps und Best Practices für die Kundengewinnung und -bindung für freie HR-Consultants parat. 

Die Corona-Pandemie hat den Arbeitsalltag in Unternehmen nachhaltig verändert: hybride Arbeitsmodelle, Homeoffice, flexible Arbeitszeiten, Kommunikation von Teams über digitale Tools.

Aufgrund dieser Veränderungen ist auch die Nachfrage nach selbstständigen HR-Berater*innen und Personaler*innen gestiegen, die Unternehmen bei diesem Wandel begleiten und unterstützen sollen. Als selbstständige*r HR-Consultant oder Personalberater*in passende Projekte und Aufträge in einem weltweit umkämpften Markt zu finden, ist mitunter keine leichte Aufgabe. Marie Richter verrät deshalb, wie sie als unabhängige HR-Berater*in am besten neue Kund*innen gewinnt. 

Welche Möglichkeiten der Neukundengewinnung gibt es?

Es liegt natürlich nahe, sich im eigenen Netzwerk umzusehen und bestehende oder frühere Kund*innen zu kontaktieren. Diese Kund*innen haben bereits mit einem zusammengearbeitet und es ist sehr wahrscheinlich – sofern diese Zusammenarbeit gut gelaufen ist –, dass sie es auch wieder tun werden. Mit diesen Leuten in Kontakt zu bleiben, ihnen Weihnachtsgrüße zum Jahresende zu schicken oder mit ihnen in den sozialen Medien zu interagieren, ist ohne großen Aufwand möglich!

In der Neukundengewinnung hat für mich Empfehlungsmarketing (auch Mundpropaganda) am besten funktioniert. Man sollte niemals die Kraft des eigenen Netzwerkes und die daraus resultierenden Kontakte unterschätzen. Auf diese Weise bin ich tatsächlich zu meinen ersten Projekten gekommen. Zufriedene Kund*innen, ehemalige Kolleg*innen und vor allem andere Berater*innen können zu unseren wichtigsten Fürsprecher*innen werden. Aber wir sollten diese Weiterempfehlungen unbedingt auch belohnen.

Es gibt aber auch aktivere Strategien für die Neukundengewinnung. Die wichtigste Frage, die man hier für sich beantworten sollte, ist, wie kann ich anderen Menschen helfen und die Kund*innen finden, die meine Beratungsdienste benötigen. Unternehmen veröffentlichen offene Stellen auf ihrer Website oder in den sozialen Medien, wenn sie Unterstützung brauchen.

Warum also nicht diese Unternehmen direkt kontaktieren und ihnen Unterstützung bei einem Projekt anbieten, solange sie auf der Suche nach einem neuen Teammitglied in Festanstellung sind? Es ist nicht neu, dass es im Personalbereich momentan nicht genug qualifizierte Fachkräfte gibt – das ist unser Vorteil.

Mit kostenlosen Tipps und Ratschlägen kannst Du nicht nur Deinem Netzwerk helfen, sondern auch Deine eigene Expertise unter Beweis stellen. In Zukunft greifen vielleicht einige Personen aus Deinem Netzwerk darauf zurück und buchen Deinen Service!

Auf Slack und Social-Media-Kanälen wie LinkedIn posten viele ihre Fragen. Deshalb solltest Du nach Möglichkeiten suchen, wo Du einen Mehrwert schaffen kannst! Außerdem behältst Du so im Blick, welchen Themen die Leute in Deiner Branche momentan so beschäftigen.

Wie positioniert man sich auf einem umkämpften Markt?

Einen guten Eindruck zu hinterlassen und diesem auch gerecht zu werden, ist schon die halbe Miete. Als Faustregel für Berater*innen gilt, dass zwei der folgenden drei Punkte auf sie zutreffen sollten:

1.   Pünktlich sein
2.   Freundlich sein
3.   Gute Arbeit leisten

Wenn alle drei Punkte auf Dich zutreffen, umso besser!

Wie bei den meisten Dingen im Leben ist es auch hier wichtig, dass wir unsere Stärken ausspielen. Man sollte sich also überlegen, worin man Expertise hat, also bei welchen Themen und Fragestellungen man andere unterstützen kann. Das kann so eine einfache Frage sein wie „Wie führt man die Gehaltsabrechnung am effizientesten durch?“ (viele wären überrascht, wie viele Unternehmen hierbei Unterstützung suchen). Hole Dir also gerne Inspiration aus Deinen früheren Projekten!

Was sagt Dein Lebenslauf über Dich und Deine Expertise aus? Die meisten potenziellen Kund*innen werden sich Dein Profil auf LinkedIn oder Xing ansehen, um mehr die Zusammenarbeit mit Dir zu erfahren. Optimiere Deine Profile entsprechend Deiner Positionierung oder einer Festanstellung, auf die Du Dich früher beworben hättest.

Vielleicht hast Du umfangreiche Erfahrungen in der Gestaltung von Prozessen von Grund auf und hast dies bereits in kleinen oder mittleren Unternehmen getan. Diese Unternehmen sind wahrscheinlich eine gute Zielgruppe für Dich. Oder Du hast vor allem Teams geleitet. Dann ist vielleicht Interim-Management die richtige Nische für Dich.

Es braucht Zeit, die eigene Marke aufzubauen. Bewerte Deine Positionierung von Zeit zu Zeit neu und finde heraus, wie die Projekte, an denen Du gearbeitet hast, Deine Expertise gestärkt haben. Vielleicht wird eine bestimmte Dienstleistung, die Du bislang angeboten hast, mittlerweile weniger nachgefragt und Du kannst sie von Deiner Angebotsliste streichen. Formuliere Dein Angebot kurz und knapp, damit andere sofort wissen, wer Du bist und ob Du einen Mehrwert für ihr Unternehmen bieten kannst.

Bist Du ein*e Generalist*in und kannst jedes Problem auf Deinem Gebiet lösen? Oder bist Du eher ein*e Spezialistin für eine bestimmte Nische und kannst hier mit hohem Fachwissen punkten? Das ist ein fortlaufender Entwicklungsprozess. 

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Wie hat die Corona-Pandemie Deine Arbeit als HR-Beraterin beeinflusst?

Das ist eine interessante Frage! Am Anfang der Corona-Pandemie stieg die Nachfrage nach HR-Expertise sprunghaft an, da in Deutschland viele Unternehmen Unterstützung bei Themen wie Kurzarbeit brauchten. Personalverantwortliche, Berater*innen und Mitarbeiter*innen machten Überstunden!

Gegen Ende des Jahres 2020 zeigte sich eine gewisse Erschöpfung auf dem Markt, da der Winter bereits um die Ecke lugte und sich viele unsicher waren, in welche Richtung sich der Markt und die Weltwirtschaft entwickeln würden. Dennoch gingen Geldgeber*innen unter anderem dadurch die Möglichkeiten aus, ihr Geld zu investieren. Und als willkommene Abwechslung begannen sie sogar noch mehr als zuvor in Start-ups zu investieren.

Dies spiegelte sich in den Personalplänen der Start-ups wider, die, gelinde gesagt, ehrgeizig waren. Als dann im Januar 2021 diese Personalpläne umgesetzt wurden, ging der Bedarf an Fachpersonal durch die Decke. Personalvermittler*innen und andere HR-Expert*innen sind seither Mangelware auf dem Markt, da jedes Unternehmen mehr Mitarbeiter*innen einstellen möchte und dafür die entsprechende HR-Unterstützung benötigt. Witzigerweise hat die Coronakrise diese Entwicklung sogar verstärkt und den Bedarf an Personaler*innen und die Nachfrage nach Berater*innen gesteigert!

Was war für Dich ein herausforderndes HR-Consulting-Projekt und wie hast Du es gemeistert?

Ich habe ein großes amerikanisches Unternehmen dabei unterstützt, seine deutsche HR-Abteilung aufzubauen. Dieses Projekt verlangte Expertise in sämtlichen HR-Bereichen, von Fragen wie „Wie schreibt man Stellenbeschreibungen in Deutschland?“ und „Wie erfolgt die Gehaltsabrechnung in Deutschland?“ über „Was ist die beste Mitarbeiter-Benefit-Strategie für unsere deutschen Mitarbeiter*innen?“ bis hin zu konkreten Fragen zum Arbeitsrecht und zur Einhaltung gesetzlicher Vorschriften. Es ist eigentlich so gut wie unmöglich, all diese Fragen allein beantworten zu können. Also musste ich mir etwas einfallen lassen, um diese Lücken zu schließen!

Online-Recherche ist ein guter Weg, um Wissenslücken zu schließen. Aber auch das eigene Netzwerk an Fachleuten kann sich hier als wertvoll erweisen; in der Regel sind die Leute gerne bereit, ihr Wissen zu teilen. HR-Kanäle wie Purple Squirrel Society, The Secret HR Society und People Over Perks Workspaces auf Slack sind dafür hervorragend geeignet.

Vielleicht gibt es auch jemanden im persönlichen Umfeld, der mehr über ein bestimmtes Thema weiß oder Dir eine Richtung vorgeben könnte. Diese persönlichen Kontakte sind oft am wertvollsten. Aus meiner Erfahrung ist die Community aus Freiberufler*innen und Berater*innen unglaublich hilfreich.

Was gefällt Dir an der Arbeit als freie Personalberaterin am besten?

Das Tolle an der Consulting-Arbeit ist, dass man so viele neue Leute kennenlernt und mit jedem neuen Kunden oder jeder neuen Kundin dazulernt. Du arbeitest nicht nur an den Projekten und lernst aus diesen Projekten, sondern mit jedem Austausch erfährst Du auch etwas über die Herausforderungen der anderen und ihre Erfolge. Du beobachtest Branchentrends und wirst auf Best Practices aufmerksam und von dieser ganzheitlichen Sichtweise wiederum profitieren die Kund*innen.

Außerdem habe ich die Möglichkeit, jeden Tag interessante neue Leute kennenzulernen – und das bereitet mir Freude. Sei es, dass ich jemandem online in HR-Fragen unterstütze oder mit potenziellen Kund*innen über ihre HR-Strategie spreche. Mit einigen meiner früheren Kund*innen stehe ich heute noch regelmäßig in Kontakt!

Glücklicherweise ist die Berliner Start-up-Szene ein Kosmos, der groß genug ist, um spannend zu bleiben, aber nicht groß genug, um den Überblick zu verlieren! Ich bin sehr gerne Teil dieser Community. 

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Über Marie Richter

Marie Richter ist HR-Consultant mit Sitz in Berlin. Sie arbeitet mit Start-ups und Scale-ups unterschiedlicher Größe, in unterschiedlichen Finanzierungsphasen und in verschiedenen Branchen. Sie hat mehr als 20 Unternehmen, darunter Zalando, TIER Mobility und Contentful, dabei unterstützt, Antworten auf strategische HR-Fragen zu finden und HR-Lösungen zu implementieren.

Mehr über Marie Richter erfährst Du auf ihrer Website: marierichterhr.com.