Immer mehr Unternehmen setzen auf E-Recruiting, also die Personalbeschaffung über Online-Kanäle, und Remote-Arbeit. Das ist ein Trend, der zum einen auf die Corona-Pandemie und damit einhergehend viele Millionen Beschäftigte im Homeoffice zurückzuführen ist und zum anderen auf die generelle Zunahme von Telearbeit. Doch es gibt noch weitere Gründe dafür, dass zunehmend mehr Unternehmen dem Modell der Remote-Arbeit offen gegenüberstehen: Kosteneinsparungen; es werden spezialisiert Fachkräfte gesucht; oder bestimmte Stellen müssen mit Fachkräften aus anderen Ländern besetzt werden.
Allerdings gibt es auch rechtliche Fallstricke in der Remote-Arbeit, beispielsweise während der Personalauswahl, der Einstellung von Remote-Mitarbeiter*innen oder bei der digitalen Gehaltsabrechnung. Denn je nach Land gelten unterschiedliche (arbeits-)rechtliche Vorschriften für Remote-Arbeit und Homeoffice. HR-Teams, die also eine Software verwenden, um ihr Remote-Team zu managen, arbeiten effizienter und bauen auch eine größere Nähe zu ihrem Team auf.
Bei Kenjo sind wir uns dieser Tatsache bewusst: Deshalb ist unsere Software mit Funktionen wie Onboarding, Recruiting, Zeiterfassung, Urlaubs- und Abwesenheitsmanagement ausgestattet. Unternehmen mit Niederlassungen in unterschiedlichen Regionen (weltweit) – beispielsweise der Firmensitz befindet sich in Madrid und es gibt Niederlassungen in Barcelona, Paris und München – können all diese Funktionen sinnvoll in ihrer Personalarbeit einsetzen.
Das Berliner Start-up-Unternehmen Lano hat sich auf die Einhaltung von arbeitsrechtlichen Vorschriften und das Zahlungsmanagement von Teams spezialisiert, die über seine Plattform Personal beschaffen und Mitarbeiter*innen remote einstellen. Andrea Carlon ist Director of Business Development bei Lano und erzählt im Interview, wie Unternehmen Schwierigkeiten und Herausforderungen bei der Einstellung von Remote-Mitarbeiter*innen umgehen können.
Wie viele Tage ist es aus arbeitsrechtlicher Sicht erlaubt, dass Homeoffice ins Ausland zu verlegen? Wie unterscheiden sich flexible und hybride Arbeitsplatzmodelle? Können Unternehmen von ihren Mitarbeiter*innen verlangen, dass sie im Büro anwesend sind? Andrea beantwortet diese und andere Fragen für uns. Dabei haben wir das Interview mit Blick auf den spanischen Markt geführt. Das ist besonders interessant für deutsche HR-Abteilungen, die Mitarbeitende in Spanien anstellen wollen und verstehen wollen, wie die spanische Arbeitspolitik funktioniert.
Was sind die größten Herausforderungen für Unternehmen, die Mitarbeiter*innen remote einstellen möchten?
HR-Teams stehen vor einer Reihe von Herausforderungen, wenn sie sich dafür entscheiden, Mitarbeiter*innen remote einzustellen. Die größte Herausforderung während des Onboardings ist, dass man keine ausreichenden Kenntnisse über das geltende Recht im Land, in dem der oder die potenzielle Kandidat*in sich befindet, hat oder auch sich nicht genug mit den Vorschriften und Regelungen von Remote-Arbeit am Hauptstandort des Unternehmens auskennt. Sobald die Person das Stellenangebot annimmt, muss ein rechtsgültiger Arbeitsvertrag aufgesetzt werden und auch die Entscheidung getroffen werden, ob die Person auf Vollzeit- oder freiberuflicher Basis angestellt werden soll. Und zu guter Letzt muss das Unternehmen sicherstellen, dass es während der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses die erforderlichen Sozial- und Arbeitgeberbeiträge an das jeweilige Land abführt, in dem die Person tätig ist.
Wie können Personalverantwortliche das Onboarding und die Gehaltsabrechnung von Remote-Mitarbeiter*innen erfolgreich gestalten?
Die größte Herausforderung bei der Zusammenarbeit mit Remote-Mitarbeiter*innen liegt normalerweise in der Einhaltung aller gesetzlichen Bestimmungen, denn das zu gewährleisten, ist zeit- und ressourcenintensiv. Die Zusammenarbeit mit einem oder einer externen Rechtsberater*in für die unterschiedlichen Märkte etwa kann extrem kostspielig sein.
Compliance-Tools für HR-Teams haben sich hier deshalb als äußerst nützlich erwiesen. Beispielsweise kann mit Onboarding-Tools wie die von Kenjo oder Lano beides durchgeführt werden. Lano bietet eine Employer-of-Record-Lösung an, die es Unternehmen ermöglicht, in Ländern Einstellungen vorzunehmen, in denen es keinen eigenen Firmensitz hat. Mithilfe von Kenjo kannst Du unter anderem digitale, rechtsgültige Arbeitsverträge unterzeichnen und das Onboarding remote durchführen.
Daran anschließend die Frage: Wie hilft Technologie Unternehmen bei der Einstellung von Remote-Mitarbeiter*innen?
Der Einsatz von Technologien ist grundlegend für eine gute Organisation. Dass sämtliche Dokumente – Rechnungen, Gehaltsabrechnungen und Verträge – digitalisiert und auf einer einzigen Plattform gespeichert sind, ist für Personal- und Finanzabteilungen oder auch für Unternehmensgründer*innen gerade zu Beginn unerlässlich. Verwaltungsaufgaben wie Zeiterfassung, Reporting und Gehaltszahlungen können damit optimiert werden und die eingesparte Zeit kann für andere dringlichere und wichtigere Angelegenheit sinnvoll genutzt werden. Darüber hinaus haben Tools wie Zoom oder Slack dazu beigetragen, eine echte Remote-Kultur in Unternehmen zu schaffen, die remote arbeiten.
Was ist der Unterschied zwischen Remote-Arbeit, Heimarbeit und einem hybriden Arbeitsmodell?
Remote-Arbeit bezeichnet eine Tätigkeit oder Position, bei der der oder die Arbeitnehmer*in nicht im Büro des Unternehmens arbeiten muss, sondern dies von überall, unabhängig vom Standort, tun kann. Heimarbeit hingegen bedeutet, dass das Zuhause eines oder einer Mitarbeiter*in der Hauptarbeitsort ist. In diesem Fall sollte das Unternehmen dem oder der Arbeitnehmer*in alle notwendigen Materialien, also Ausstattung oder Technik, zur Verfügung stellen, die zur Ausführung der Arbeit notwendig sind.
Und bei einem hybriden Arbeitsmodell gibt es möglicherweise Teams oder Abteilungen in einem Unternehmen, die sowohl im Büro als auch von zu Hause aus arbeiten. Aber Achtung: Das bedeutet nicht, dass die Mitarbeiter*innen selbst entscheiden, wann sie im Homeoffice und wann sie im Büro arbeiten. Das entspräche dann einem flexiblen Arbeitsmodell.
Wie viele Tage ist es erlaubt, außerhalb des Landes zu arbeiten, in dem man angestellt und steuerrechtlich gemeldet ist?
Das ist abhängig davon, wie viele Tage sich eine Person im Bestimmungsland maximal aufhalten darf und ab wann sie dort als steuerpflichtig gilt. In Europa unterliegen Arbeitnehmer*innen den Rechtsvorschriften des Landes, in dem sie tatsächlich angestellt oder als selbständig registriert sind.
Grundsätzlich gilt innerhalb der Europäischen Union, dass sich Arbeitnehmer*innen nicht mehr als 183 Tage pro Jahr in einem anderen europäischen Land aufhalten sollten.
In diesem Zusammenhang gibt es in Spanien eine Vorgehensweise, durch die beispielsweise eine Person von einem deutschen Unternehmen beschäftigt werden kann, beispielsweise auf Vertragsbasis, während sie in Spanien rechtlich und steuerlich ansässig ist. Das deutsche Unternehmen muss sich mit einer persönlichen Steuernummer bei der Steuerbehörde in Spanien registrieren und die Sozialkosten abführen.
Können Unternehmen von Remote-Mitarbeiter*innen verlangen, im Büro zu arbeiten?
Wenn im Vertrag ausdrücklich festgelegt ist, dass Mitarbeiter*innen remote arbeiten, dann sollte der Arbeitgeber von ihnen nicht verlangen, vor Ort zu arbeiten. Der Vertrag kann jedoch beidseitig widerrufen werden und Arbeitsbedingungen können sich ändern.
Können Arbeitnehmer*innen, die nicht auf Remote-Basis angestellt sind, einen solchen Arbeitsvertrag beantragen?
Das richtet sich nach dem Arbeitsgesetz im jeweiligen Land. Grundsätzlich aber können Arbeitnehmer*innen eine Anpassung der Arbeitszeiten und der Vertragsart verlangen, um Aspekte wie Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren. Arbeitnehmer*innen haben darauf allerdings keinen Rechtsanspruch.
Denn Unternehmen können diese Anpassung verweigern, wenn es nach ihrer Ansicht keinen objektiven Grund dafür gibt. In einigen Ländern, beispielsweise in Spanien, können Arbeitnehmer*innen auf dem Rechtsweg beantragen, dass ein oder eine Richter*in die Entscheidung fällt, ob ein objektiver Grund für die Verweigerung vorliegt.
Gibt es Einschränkungen hinsichtlich der Vertragsart, den Unternehmen wählen können, wenn sie Mitarbeiter*innen remote einstellen?
Es gibt keine Einschränkungen bei der Art des Vertrags, den Unternehmen mit Remote-Mitarbeiter*innen abschließen können. Für das Homeoffice gelten auch nach der Corona-ArbSchV die allgemeinen Regeln, also eine vertragliche Grundlage zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Über Andrea Carlon
Andrea Carlon ist Director of Business Development bei Lano, einem Berliner Startup-Unternehmen. Sie verfügt über umfangreiche Erfahrung im Aufbau von Technologieunternehmen wie Justly, Empire Startups oder Prodigy Finance. Im Laufe ihrer Karriere übernahm Andrea Carlon Positionen als Head of Business Development, Head of Strategic Partnerships und Program Director für die Meetup-Plattform zur Förderung der Fintech-Community in Nordamerika. Andrea hat den größten Teil ihrer Karriere in New York verbracht, und absolvierte dort auch einen Master in Rechtswissenschaften und Existenzgründung an der NYU (New York University).