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Personalabteilung

Wie man eine strategische Personalplanung entwickelt - Interview

Tabita Luis (2)In unserem heutigen Interview freuen wir uns auf ein Gespräch mit Tabita Luis, Leiterin der Abteilung Menschen und Kultur bei Too Good To Go, einem hochinteressanten Startup mit einem sensationellen Konzept gegen Lebensmittelverschwendung.

 

Tabita ist ein echter Profi mit über zehn Jahren Berufserfahrung in der Führung von HR-Teams. Heute haben wir uns mit ihr über die Schlüsselaspekte der strategischen Personalplanung unterhalten.

 

Was macht eine erfolgreiche strategische Personalplanung aus?

 

Das Wort Strategie hat für neu gegründete Unternehmen eine ganz andere Bedeutung als für einen gefestigten Konzern. Die Geschwindigkeit und das Timing sind anders, und das hat einen entscheidenden Einfluss auf die Art und Weise, wie Maßnahmen geplant werden. Das Wichtigste bei der strategischen Personalplanung in diesem Zusammenhang ist meines Erachtens ein gutes Gleichgewicht zwischen einer kurz- und langfristigen Planung.

 

Langfristig können bis zu sechs Monaten angesetzt werden, was für viele Startups geradezu übertrieben lang klingen mag. Aber dieser Zeitrahmen ist ideal für ein einheitliches Vorgehen, um wirklich voranzukommen.

 

Viele wirkungsvolle Personalstrategien brauchen Zeit, um sich zu entwickeln und Ergebnisse zu erzielen. Ein schlechtes langfristiges Personalmanagement führt zu einem HR-Team mit kurzfristigem Denkansatz, was gleichbedeutend ist mit einem Unternehmen, das sich nur darauf konzentriert, neue Kunden zu gewinnen, aber nichts tut, um sie dauerhaft an sich zu binden.

 

 

Wann sollte eine Abteilung die Einrichtung eines strategischen HR-Plans in Erwägung ziehen?

 

Strategische Personalplanungen sollte man von Anfang an durchführen. Auch wenn Du Deine Strategie vielleicht nicht zu 100 % erfüllst, hilft sie doch dabei, zielgerichtet zu arbeiten und den Überblick über das große Ganze nicht zu verlieren. 

 

Bei Lingokids bestand meine erste Amtshandlung darin, einen jährlichen Strategieplan zu erarbeiten. Ich erstellte einen Querschnitt der Funktionen der Abteilung und erarbeitete eine Vision für die Zukunft des Unternehmens, die das Team inspirieren sollte.

 

Dieser Plan diente im folgenden Jahr als eine Art Kompass, und ich nahm kaum Änderungen vor. Natürlich blieben ein paar Dinge auf meiner To-Do-Liste unerledigt, weil eine Menge ungeplanter operativer Arbeit anfielen, und ich infolgedessen die meisten meiner strategischen Ziele nicht erfüllen konnte. Doch das große Ziel verlor ich dank der Personalplanung nie aus den Augen. 

 

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Was sind die größten Herausforderungen beim Aufbau einer Personalabteilung in einem Startup-Unternehmen?

 

Abgesehen vom Prioritätensetzen besteht eine weitere große Herausforderung beim Aufbau einer HR-Abteilung darin, den Rest der Organisation und insbesondere die Führungskräfte darüber aufzuklären, was sie von der Personalabteilung erwarten können und was nicht in unserem Einflussbereich liegt. Nicht alle Dinge, die Mitarbeiter betreffen, fallen in die Hände der Personalabteilung. Manche strategischen Aktivitäten können wir innerhalb unseres Bereichs aus leiten, wieder andere liegen in der Verantwortung des jeweiligen Vorgesetzten.

 

Zum Beispiel kann eine Entlassung administrativ in der Personalabteilung gelöst werden, da wir uns mit den Gehaltsabrechnungen befassen. Aber die Entscheidungs- und Kommunikationsaspekte sind Aufgaben des Managers. In einigen Unternehmen scheint diese Verantwortung auf den Personalabteilungen zu liegen, die dementsprechend als Sündenbock benutzt werden, um Vorgesetzte bei schwierigen Entscheidungen zu entlasten.

 

Leider habe ich das Gefühl, dass viele Menschen ein ziemlich verzerrtes Bild von unserem Beruf haben. Zum Beispiel die Vorstellung, dass jeder diesen Beruf ausüben könnte, weil man dazu kein technisches Wissen bräuchte. Ihre Meinung nach sei es einfach, Menschen einzustellen, Bewerbungsgespräche zu führen und effiziente Weiterbildungsprogramme umzusetzen. Doch um einige wichtige HR-Kompetenzen kommen Personalfachleute einfach nicht herum.

 

Ich habe einige Auswahlverfahren in Startups gesehen, die von ihren Inhabern oder dem Leiter des technischen Teams ohne jede wissenschaftliche Grundlage konzipiert wurden. Manche enthalten sogar Fragen, die nicht ausführbar sind wie zum Beispiel:

 

  • Wenn Du ein Tier sein könntest, welches Tier würdest Du gern sein?
  • Wie viele Flughäfen gibt es in Italien?

Außerdem zwingen viele ihre Bewerber, technische Tests durchzuführen, um Fähigkeiten zu messen, die für die Stelle irrelevant sind. Sie basieren lediglich auf der persönlichen Einschätzung von bestimmten Personen ohne sozialwissenschaftlichen Hintergrund. Dabei berücksichtigen sie nicht ansatzweise die Grundlagen, wie man Verzerrungen während des Vorstellungsgesprächs vermeiden kann.

 

Nachdem Du also Deine Prioritäten festgelegt hast, besteht die nächste große Herausforderung darin, das Unternehmen über die Personaldienstleistungsbranche aufzuklären. Der Wert, den eine Personalabteilung bei professioneller Ausübung schafft, sollte unbedingt klar kommuniziert werden, ebenso die Grenzen und Abgrenzungen in Bezug auf andere personenbezogene Funktionen.

 

 

Wie legst Du bei der Umsetzung von Personalplänen Prioritäten fest?

 

Dies hängt weitgehend von der Größe, dem Zeitpunkt und dem Unternehmen ab. Es gibt keine Einheitsformel, aber in Ermangelung einer solchen helfen einige Regeln und Bestimmungen. Dazu gehört beispielsweise, dass ich jede Maßnahme nach Aufwand, Zeit und Ressourcen im Vergleich zu ihren Auswirkungen bewerte. Grünes Licht erhalten Maßnahmen mit hoher Wirkung, die weniger Ressourcen erfordern.

 

Dann widme ich mich den hochwirksamen Maßnahmen, die mehr Ressourcen erfordern, und entscheide, welche es mir ermöglicht, eine vorläufige Version zu implementieren und diese dann im Laufe der Zeit zu verbessern. Da Zeit und Geld eine Rolle spielen, schaffen es einige Maßnahmen nicht in die strategische Personalplanung. Das bringt mich zu einer weiteren Richtlinie: Wir sollten uns immer der Konsequenzen der Maßnahmen bewusst sein und wissen, wie wir diese als Team und als Unternehmen einbauen.

 

 

Welche Schlüsselqualifikationen sind für die Einstellung der ersten Mitarbeiter in der Personalabteilung notwendig?

 

Für mich ist die Suche nach Personen mit komplementären Fähigkeiten eine gesunde Strategie. Meine Stärken liegen in der Führungsentwicklung und im Talentmanagement, so dass Kollegen, die in den Bereichen Recht, Verwaltung und Vergütung stärker sind, gut in mein Team passen.

 

Eine allgemeine Empfehlung, die meines Erachtens auf alle Startups zutrifft, ist, die Personalabteilung nicht nur mit Rekrutierungsspezialisten aufzubauen. Selbstverständlich ist die Rekrutierung beim Aufbau eines Unternehmens wichtig. Aber der Aufbau einer Abteilung, die sich nur auf die Gewinnung von Nachwuchskräften konzentriert, ist riskant und vernachlässigt oft ebenso relevante Bereiche wie das Performance Management, eine vernünftige Vergütungsstrategie und Gleichbehandlungsgrundsätze sowie die Weiterentwicklung von Führungskräften, von denen viele zum ersten Mal Teams leiten.

 

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Welche Personalpläne konntest Du bereits umsetzen?

 

Ich war die erste Personalverantwortliche bei Lingokids und konnte daher von Grund auf an einer strategischen Personalplanung arbeiten. Ich muss jedoch sagen, dass Teams und eine Unternehmenskultur nie komplett neu aufgebaut werden können. Es gibt immer eine kleine Gruppe von Menschen, die im Talentmanagement arbeiten, die bereits eine bestimmte Arbeitsweise und Prozesse etabliert haben. 

 

Zwei wichtige Dinge waren die Zuordnung aller Abteilungsprozesse und die anschließende Priorisierung von Maßnahmen entsprechend den Geschäftsanforderungen. Auf diese Weise sicherte ich mir einige Quick Wins, um Zeit für die Maßnahmen zu gewinnen, die mehr Zeit für die Ergebnisse brauchten.

 

Dabei bestand die größte Herausforderung darin, ein Gleichgewicht zwischen den Entwicklungsbedürfnissen des Teams und anderen ebenso wichtigen Strategien zu erreichen, die jedoch langfristige Ergebnisse brachten. Eine Sache half besonders und das war, alles, was automatisiert werden konnte, zu automatisieren, insbesondere die Rekrutierungsprozesse, um Ressourcen freizusetzen, die für andere Maßnahmen genutzt werden konnten.

 

Ich machte immer weiter, obwohl viele wichtige Dinge auf meiner To-Do-Liste noch nicht erledigt waren. Gleichzeitig wusste ich, dass ich alles Mögliche getan hatte, um zum Aufbau des talentiertesten und leidenschaftlichsten Teams, das ich je gesehen hatte, beizutragen. Daran erinnere ich mich nachts beim Einschlafen, wenn ich an die vielen Baustellen denke, die es noch auf Arbeit gibt.

 

Vielen Dank Tabita für Deine ehrlichen Worte und das interessante Gespräch.

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