Seit der „Mental-Health-Pandemie“ nach Corona ist klar: Die alte Haltung „Augen zu und durch“ funktioniert nicht mehr. Früher galt mentale Gesundheit als „nice to have“, heute ist sie Grundvoraussetzung für stabile Schichten, weniger Ausfälle und audit-feste Prozesse.
Kimberly Breuer von Nilo Health hat uns konkrete Impulse gegeben, wie Du Mental Health im Arbeitsalltag von Frontline-Teams umsetzt. Hier ist Dein praxisfester 5-Punkte-Plan.
5 wichtige Erkenntnisse
- Starte bei den Führungskräften: Vorbildverhalten und kurze Check-ins senken Druck und Ausfälle.
- Setze auf passgenaue, wenige Maßnahmen statt „Benefit-Überladung“.
- Mache Angebote schichttauglich (Zeitfenster, Orte, Sprache) – sonst bleiben sie leer.
- Miss Wirkung mit klaren Zielen (z. B. ENPS, Stresskompetenz) statt nur Krankentagen.
- Stütze Mental Health mit Systemen: digitale Zeiterfassung, Schichtplanung, mobile App und vorbereitende Lohnabrechnung (DATEV-ready).
1) Führung beginnt bei Dir
Führung in Blue-Collar Teams wirkt direkt auf die Gesundheit am Band, im Lager oder auf Station. Richte tägliche 2-Minuten-Check-ins ein („Wie bist Du heute hier – 1 bis 5?“) und lege sichtbare Pausenstandards fest: Wenn Du Pausen nimmst, nimmt Dein Team sie auch. Definiere, wer das ritualisiert und wo es dokumentiert wird.
„Das Beste, was ihr tun könnt für eure Teams, ist bei euch selbst zu starten und anders mit euch selbst umzugehen.“
Verankere das Vorbildverhalten im Dienstplan: plane Puffer in Schichten, rotiere Belastungsspitzen. Digitale Planung hilft, das konsequent zu leben – von der Vorgabe bis zur gelebten Pause. Mehr dazu in der Schichtplanung von Kenjo.
2) Weniger ist mehr: passgenau statt „All-in-One“
Überlade Teams nicht mit 20 Wellness-Angeboten. Wähle 1–2 Probleme, die wirklich drücken (z. B. Umgang mit Stressspitzen oder Schlaf).
„Viele Unternehmen machen einfach irgendwas … eine Masse an Dingen … aber es hat sich keiner wirklich Gedanken darüber gemacht, was passt auch eigentlich zu uns.“
Rolle sie dort aus, wo Menschen wirklich arbeiten: in der Früh-, Spät- oder Nachtschicht, in der Umkleide, im Pausenraum – und in der mobilen App, damit Infos jeden erreichen. So stellst Du sicher, dass die Maßnahme im Takt läuft, nicht dagegen.
3) Schichttaugliche Umsetzung – sonst kommt niemand
Mach Angebote schichtfähig: kurze 10-Minuten-Impulse beim Schichtübergang, wiederholbar über die Woche, und asynchron per App. Plane Zeitslots wie Schichten: feste Fenster, klare Orte, kurze Inhalte.
„Bei diesem Lunch & Learn war noch nie ein einziger gewerblicher Mitarbeitender dabei, weil das meistens mit deren Arbeitszeit ist.“
Nutze digitale Zeiterfassung, um Teilnahmezeiten sauber zu erfassen – ohne Zettelwirtschaft, revisionssicher für Audits.
4) Wirkung messen – jenseits von Krankentagen
Lege vor dem Start 2–3 Ziele fest: ENPS rauf, wahrgenommene Unterstützung rauf, Stresskompetenz hoch in den Hot-Teams. Mache eine kurze Prä-/Post-Erhebung, vergleiche Teams und Abteilungen. Spiegle Kennzahlen mit Prozessdaten aus dem Betrieb: Konfliktraten im Plan, kurzfristige Umplanungen, Überstunden.
„Wenn ich das höre, dann frage ich immer erst mal: ‚Was soll es denn bringen?‘ … Plötzlich kommen da sehr spezifische Ziele und Wünsche, was eigentlich anders sein soll.“
Je sauberer Deine Zeit- und Abwesenheitsdaten, desto glaubwürdiger die Wirkung – und desto leichter der Export für DATEV in der vorbereitenden Lohnabrechnung.
5) Systemische Stützen: Tools + Kultur
Kultur braucht Infrastruktur. Drei Hebel verstärken Deine Maßnahmen:
- (1) Dienstplan-Transparenz – klare Vorläufe und faire Rotation reduzieren Stress;
- (2) Mobile Wege – Schichten, Pausenregeln, Hinweise zum Umgang mit Belastung direkt aufs Handy;
- (3) Saubere Daten bis Payroll – korrekte Ist-Zeiten, Zuschläge und Abwesenheiten verhindern Streit und senken Druck vor Monatsende
„Die Pandemie hat im Endeffekt auch eine Mental-Health-Pandemie ausgelöst … seither sagen viele Unternehmen: ‚Wir wissen nicht, wie wir das Thema angehen. Bitte helft uns.‘“