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Saisonale Schwankungen meistern: So planst Du Dein Personal in Spitzenzeiten

Geschrieben von David Padilla | 17 September 2025

Saisonale Schwankungen gehören für viele Unternehmen in Deutschland zum Alltag. Ob das Weihnachtsgeschäft im Handel, die Sommermonate im Tourismus oder die Winterflaute in der Bauwirtschaft – wiederkehrende Muster beeinflussen Nachfrage, Umsatz und damit auch den Personalbedarf.

 

Besonders deutlich wird das im Tourismus: Rund 6,1 % aller Erwerbstätigen in Deutschland sind direkt in dieser Branche beschäftigt, weitere 3 % indirekt (OECD). Saisonale Schwankungen entscheiden hier jedes Jahr aufs Neue über Engpässe oder Überkapazitäten.

Für Unternehmen bedeutet das: Sie müssen nicht nur ihr Angebot, sondern vor allem ihre Personalplanung an diese Muster anpassen. Denn Arbeitskräfte sind im Unterschied zu Warenbeständen nicht einfach „auf Lager“ – wer in Spitzenzeiten erfolgreich sein will, braucht klare Strategien, wie sich Teams rechtzeitig skalieren lassen.

 

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Ursachen und Beispiele für saisonale Peaks

 

Die Ursachen saisonaler Schwankungen sind vielfältig – und meist von äußeren Faktoren geprägt. Wetter, Feiertage und gesellschaftliche Ereignisse wirken direkt auf Nachfrage und Arbeitsvolumen. So steigt der Umsatz im deutschen Einzelhandel im Dezember regelmäßig um 20–30 % gegenüber dem Jahresdurchschnitt – das Weihnachtsgeschäft ist damit jedes Jahr der wichtigste Umsatztreiber.

 

In der Bauwirtschaft zeigt sich das Gegenteil: Von Dezember bis Februar sinkt die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden im Schnitt um rund 10 %, da witterungsbedingte Einschränkungen die Produktivität bremsen.

 

Auch im Tourismus sind die Muster klar erkennbar: Während die Nachfrage in den Sommermonaten in vielen Regionen massiv steigt, verzeichnen Betriebe in der Nebensaison deutliche Rückgänge. Für Unternehmen bedeutet das, dass sie ihre Personalplanung zyklisch anpassen müssen – mit flexiblen Arbeitszeitmodellen, saisonalen Verträgen oder dem gezielten Einsatz von Aushilfen.

 

 

 

Auswirkungen auf Unternehmen: Der Faktor Personalbedarf

 

Saisonale Schwankungen wirken sich unmittelbar auf den Personalbedarf aus. Gerade im Gastgewerbe und in der Beherbergung zeigt sich die Abhängigkeit von Nachfragespitzen besonders deutlich: 2023 lag die Zahl der offenen Stellen in diesen Branchen um 38 % höher als im Durchschnitt aller Wirtschaftszweige (OECD). Hinzu kommt, dass saisonale Beschäftigungsverhältnisse überdurchschnittlich oft von kurzfristiger Fluktuation geprägt sind – Mitarbeitende bleiben nicht selten nur für wenige Monate.

 

 

Für Unternehmen entsteht dadurch ein doppelter Druck: Einerseits müssen Engpässe in Spitzenzeiten verhindert werden, andererseits gilt es, Überkapazitäten in ruhigeren Phasen zu vermeiden. Personalplanung wird damit zu einer Balanceaufgabe zwischen Wirtschaftlichkeit und Verlässlichkeit. Wer hier nur kurzfristig reagiert, riskiert Serviceeinbußen, unzufriedene Mitarbeitende und steigende Kosten.

 

 

Der rechtliche Rahmen für saisonale Personalplanung

 

So flexibel Unternehmen auf Nachfrageschwankungen reagieren müssen – die rechtlichen Grenzen sind klar gesteckt. Nach § 5 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) gilt für alle Beschäftigten eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 Stunden (Gesetze im Internet). Diese Vorschrift lässt sich auch in Hochphasen nicht einfach umgehen. Ergänzend empfiehlt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) für gesunde Schichtpläne konkrete Regeln: Vorwärtsrotation statt Rückwärtsrotation, höchstens fünf bis sieben Nachtschichten am Stück und die Vermeidung sogenannter „Quick Returns“ – also Ruhezeiten von weniger als 11 Stunden.

 

 

Hinzu kommt die Mitbestimmung: Der Betriebsrat hat nach § 87 BetrVG ein zwingendes Mitspracherecht bei Beginn, Ende und Verteilung der Arbeitszeit. Dienstpläne dürfen also nicht einseitig von der Unternehmensleitung festgelegt werden – gerade bei saisonalen Anpassungen ist eine frühzeitige Abstimmung entscheidend.

 

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Kommunikation & Vorlaufzeit: Wann Pläne veröffentlicht werden müssen

 

Saisonale Planung ist nicht nur eine Frage der Kapazität, sondern auch der Transparenz gegenüber den Mitarbeitenden. Mit der Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/1152 ins deutsche Nachweisgesetz im Jahr 2022 haben Beschäftigte einen Anspruch auf klar geregelte und vorhersehbare Arbeitsbedingungen. Für Unternehmen bedeutet das: die Schichtplanung sollte frühzeitig in einer Dienstplan Software erstellt und veröffentlicht werden, um Mitarbeitenden Planungssicherheit zu geben und kurzfristige Konflikte zu vermeiden.

 

Besonders verbindlich ist die Regelung bei flexiblen Arbeitsmodellen: Wer Arbeitszeiten nach Abruf organisiert, muss diese laut § 12 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) mindestens vier Tage im Voraus mitteilen. Viele Unternehmen gehen inzwischen deutlich darüber hinaus und setzen interne Standards von zwei bis vier Wochen Vorlaufzeit. Das stärkt nicht nur das Vertrauen, sondern reduziert auch Ausfälle durch kurzfristige Absagen.

 

👉 Weiterführend: Arbeitsrecht: Dienstplan-Bekanntgabe

 

 

Balance zwischen Wünschen & Bedarf: Präferenzfenster

 

Eine der größten Herausforderungen in der saisonalen Personalplanung ist die Balance zwischen betrieblichem Bedarf und den individuellen Wünschen der Mitarbeitenden. Viele Unternehmen setzen deshalb auf Modelle wie Self-Rostering, bei denen Beschäftigte ihre bevorzugten Schichten selbst eintragen können. Eine systematische Übersichtsarbeit mit 18 europäischen Studien zeigt, dass dieses Verfahren zu höherer Zufriedenheit und effizienteren Einsatzplänen führt – allerdings nur, wenn klare Regeln bestehen. Ohne Leitplanken steigt das Risiko von Überstunden, Ungleichbehandlungen und Konflikten.

 

 

In Deutschland kommt hinzu, dass der Betriebsrat nach § 87 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bei der Verteilung von Arbeitszeiten und Schichtplänen hat. Unternehmen sollten daher „Präferenzfenster“ definieren: Mitarbeitende geben an, wann sie bevorzugt arbeiten möchten, doch die finale Planung folgt festen Prioritäten wie Qualifikationsmix, Ruhezeiten, Rotation und Fairness. So lassen sich Motivation und Flexibilität der Teams mit den betrieblichen Anforderungen in Einklang bringen.

 

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Wann skalieren: Prognose und Frühindikatoren

 

Die wichtigste Frage für Unternehmen in saisonabhängigen Branchen lautet: Wann ist der richtige Zeitpunkt, das Team zu vergrößern? Laut OECD benötigen KMU im Tourismus im Schnitt 8–12 Wochen Vorlaufzeit, um zusätzliche Mitarbeitende zu rekrutieren oder bestehende Teams rechtzeitig zu schulen.

 

Wer zu spät handelt, riskiert offene Stellen, unzureichende Einarbeitung und Serviceeinbußen in der Hochsaison.

 

Hilfreich sind Frühindikatoren, die eine rechtzeitige Personalplanung ermöglichen: Buchungseingänge im Tourismus, Aktions- und Werbekalender im Handel, oder Wetterprognosen in der Bauwirtschaft. Ergänzend bieten sich Arbeitszeitkonten oder Cross-Training-Programme an, um kurzfristige Engpässe abzufedern. So schaffen Unternehmen die nötige Flexibilität, ohne jedes Jahr bei null anfangen zu müssen.

 

 

Mehrere Standorte: Zentrale Standards, lokale Entscheidungen

 

Besonders komplex wird saisonale Personalplanung in Unternehmen mit mehreren Standorten. Hier braucht es ein klares Zusammenspiel von zentralen Vorgaben und lokaler Flexibilität. Die Zentrale legt Standards fest – etwa rechtliche Compliance, Schichtlogik und Reporting –, während die einzelnen Standorte operative Entscheidungen treffen, z. B. wer kurzfristig einspringt oder wie Schichten umgebaut werden. Laut Harvard Business Review funktionieren geografisch verteilte Organisationen nur dann effizient, wenn dieses Gleichgewicht eingehalten wird.

 

Auch in Deutschland ist dieses Szenario weit verbreitet: Über 20 % der Beschäftigten arbeiten in Unternehmen mit mehreren Betriebsstätten. Für die Praxis bedeutet das: Einheitliche Regeln schaffen Vertrauen und Konsistenz, gleichzeitig sichern dezentrale Anpassungen die notwendige Flexibilität im Tagesgeschäft.

 

👉 Weiterführend: Personal- und Kapazitätsplanung an mehreren Standorten

 

 

Hochsaison managen: Monitoring & Kennzahlen

 

Wenn die Nachfrage am höchsten ist, steigt auch das Risiko für Überlastung, Überstunden und Regelverstöße. Seit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 13.09.2022 (Az. 1 ABR 22/21) sind Arbeitgeber in Deutschland verpflichtet, ein System zur Arbeitszeiterfassung einzuführen. Gerade in Hochphasen ist dies unverzichtbar, um Ruhezeiten einzuhalten und Überstunden transparent zu dokumentieren.

 

Auch die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) warnt: Schlecht gestaltete Schichtpläne erhöhen das Unfallrisiko, insbesondere bei Nachtarbeit und zu kurzen Erholungszeiten. Unternehmen sollten daher Kennzahlen wie die „First-Time-Right“-Quote, die Korrekturquote vor Auszahlung oder die Zeit bis zur Schichtfreigabe aktiv monitoren. So bleibt die Balance zwischen Produktivität und Gesundheit auch in der Hochsaison gewahrt.

 

 

Fazit & Checkliste

 

Saisonale Schwankungen sind vorhersehbar – doch nur wer sie konsequent in der Personalplanung berücksichtigt, verhindert Engpässe in Spitzenzeiten. Die Erfahrung zeigt: Unternehmen, die rechtzeitig auf Prognosen reagieren, klare Regeln für Arbeitszeiten schaffen und die Wünsche ihrer Mitarbeitenden berücksichtigen, sind resilienter und wirtschaftlich erfolgreicher.

 

Laut IAB nutzen bereits über 40 % der deutschen Unternehmen Arbeitszeitkonten, um saisonale Schwankungen flexibel abzufedern. Studien belegen außerdem, dass die frühzeitige Veröffentlichung von Dienstplänen (≥14 Tage) Fluktuation senkt und Krankheitsquoten reduziert.

 

Checkliste für Deine saisonale Personalplanung:

 

  1. Saisonale Muster in Deiner Branche identifizieren

  2. Frühindikatoren (Buchungen, Events, Wetter) nutzen

  3. Rechtliche Rahmenbedingungen (ArbZG, BetrVG, TzBfG) einhalten

  4. Präferenzfenster statt Wunschkonzert einführen

  5. Schichtpläne frühzeitig kommunizieren

  6. Zusätzliche Kapazitäten rechtzeitig planen (Einstellungen, Training, Zeitkonten)

  7. Arbeitszeit und Fatigue aktiv monitoren