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Psychologische Sicherheit: Mentale Gesundheit in Deinem Betrieb wirklich ernst nehmen

Geschrieben von David Padilla | 24 November 2025

Psychische Belastung, Fachkräftemangel und ständiger Leistungsdruck – in vielen Betrieben wird mentale Gesundheit immer noch als „weiches“ Thema behandelt, obwohl Ausfälle und Fluktuation längst harte Kosten sind. Beschäftigte erwarten heute mehr als Obstkorb und netten Smalltalk: Sie wollen in Teams arbeiten, in denen sie Fehler ansprechen, Fragen stellen und Kritik äußern können, ohne Angst zu haben.


Über genau diese Fragen hat Yeeter Cetinkilik von Bridgehouse im Kenjo-Podcast mit uns gesprochen – und dabei sehr konkrete Hinweise gegeben, wie Du in Deinem Betrieb psychologische Sicherheit Schritt für Schritt aufbaust. 

 

Top-5 Takeaways

 

  1. Schaffe ein gemeinsames Verständnis im Team, dass Fragen, Fehler und Kritik ausdrücklich erwünscht sind – und verankere das im Alltag.

  2. Arbeite an Klarheit statt Schein-Harmonie: Klare Regeln, Rollen und Rückmeldungen reduzieren Stress und Missverständnisse.

  3. Mache Feedback zum festen Bestandteil der Arbeit, nicht zum seltenen Ausnahmefall – und übe es regelmäßig.

  4. Geh als Führungskraft in Vorleistung: Zeige offen, wenn Du etwas nicht weißt, und sprich eigene Fehler transparent an.

  5. Nutze psychologische Sicherheit bewusst, um Generationen zusammenzubringen – Unterschiede als Stärke, nicht als Problem.

 

1) Psychologische Sicherheit im Team bewusst machen

 

Psychologische Sicherheit beginnt nicht mit einem großen Kulturprojekt, sondern mit einer klaren Botschaft: In diesem Team darfst Du sagen, was Du siehst. Gerade in Schichtbetrieben mit viel Zeitdruck, Überstunden und wechselnden Teams rutschen viele schnell in den Modus: „Bloß keinen Ärger machen.“ Das kostet Dich Qualität, Sicherheit und Innovation.

 

"Es geht ein geteiltes Empfinden im Team, dass es in Ordnung ist, Risiken einzugehen, dass es in Ordnung ist, Fragen zu stellen, lernen zu wollen, dass man Fehler eingesteht und dass man auch eine Rückmeldung gibt, ob etwas gut, schlecht war – und das Wichtigste: ohne Angst, beschämt oder bestraft zu werden." -- Yeeter Cetinkilic, Bridgehouse

 

Als Führungskraft kannst Du das durch ganz einfache Sätze sichtbar machen: „Fehler werden nicht versteckt, sie helfen uns allen zu lernen.“ oder „Fragen sind ausdrücklich erwünscht.“ Wichtig: Sag das nicht nur, wenn gerade etwas schiefgelaufen ist, sondern wiederholt in Teamsitzungen, Schichtübergaben oder 1:1-Gesprächen – und handle konsequent danach.

 

Wenn Du das Thema vertiefen willst, lohnt ein Blick in die Kenjo-Studie zur psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz, in der genau diese Zusammenhänge zwischen Wohlbefinden, Motivation und Leistung aufgezeigt werden.

 

 

 

2) Klarheit statt vermeintlicher Harmonie


Viele Betriebe verwechseln „Wir streiten nicht“ mit „Wir funktionieren gut“. In der Praxis bedeutet das häufig: Konflikte werden unter den Teppich gekehrt, Schichtpläne werden hingenommen, auch wenn sie unfair sind, und Fehler in der Zeiterfassung werden „irgendwie schon passen“. Das fühlt sich nach außen ruhig an, erhöht aber innerlich den Druck.

 

"Psychologische Sicherheit entsteht nicht dadurch, dass ich so tue, als ob es eine Harmonie gibt, sondern entsteht durch Klarheit." -- Yeeter Cetinkilic, Bridgehouse

 

Klarheit heißt: Rollen, Zuständigkeiten und Erwartungen sind benannt. Wer korrigiert die digitale Zeiterfassung bei Fehlern? Wer entscheidet bei Schichttausch? Wie schnell müssen Krankmeldungen eingehen? All das lässt sich in einfachen Spielregeln festhalten – am besten schriftlich, zugänglich für alle (Aushang, Intranet, App) und immer wieder in der Praxis erklärt.

 

Je klarer die Rahmenbedingungen sind, desto leichter können Deine Mitarbeitenden offen über Probleme sprechen – ohne Angst, dass ihnen später etwas ausgelegt wird. Warum das Thema psychische Gesundheit für den Unternehmenserfolg so relevant ist, beschreibt Kenjo hier ausführlich.

 

 

3) Feedback als tägliche Routine etablieren


In vielen Teams gibt es kaum strukturiertes Feedback – höchstens einmal im Jahr im Mitarbeitergespräch oder wenn etwas richtig eskaliert. Für psychologische Sicherheit braucht es aber etwas anderes: kurze, regelmäßige Rückmeldungen im Alltag, die klar, respektvoll und konkret sind. Das gilt für Kritik genauso wie für Anerkennung.

 

"Es fällt uns unfassbar schwer, eine Rückmeldung zu geben – aus Angst, aus Unvermögen oder aus vielen anderen Gründen." -- Yeeter Cetinkilic, Bridgehouse

 

Du kannst klein anfangen: Zum Ende einer Schicht fünf Minuten einplanen und fragen: „Was lief heute gut, was sollten wir ändern?“ – und wirklich zuhören. Oder nach einer stressigen Woche im Lager: „Was hat Euch diese Woche am meisten belastet – Schichtplanung, Kommunikation, Technik?“ Wichtig ist, dass Rückmeldungen nicht im luftleeren Raum landen, sondern sichtbar Konsequenzen haben (z. B. angepasste Abläufe, klarere Dienstpläne, Schulungen).

 

Gerade Führungskräfte in der Produktion oder Logistik profitieren davon, wenn sie Feedback geben und annehmen systematisch üben – zum Beispiel mit kurzen Trainings, Leitfäden oder regelmäßigen Reflexionsrunden mit anderen Führungskräften.

 

 

 

4) Vorleben: Nicht-Wissen und Fehler offen teilen

 

Für psychologische Sicherheit ist das Verhalten der Führungskräfte der stärkste Hebel. Wenn Du als Schichtleiter*in, Teamleitung oder Bereichsleitung so tust, als hättest Du immer alle Antworten, sendest Du eine klare – aber gefährliche – Botschaft: Unsicherheit ist nicht erlaubt. Dann werden Mitarbeitende erst recht keine kritischen Themen ansprechen.

 

"Wenn ich was nicht weiß, wirklich offen zu sagen: 'Du, ich weiß es gerade nicht. Hast du eine Idee?' – oder: 'Ich mache mich mal schlau und werde es euch beim nächsten Mal sagen.'" -- Yeeter Cetinkilic, Bridgehouse

 

Der einfachste Gegenmove: Sag offen, wenn Du etwas nicht weißt, und bitte Dein Team um Ideen. Das kann bei einem neuen Arbeitszeitmodell sein, bei der Frage, wie ihr die digitale Zeiterfassung praxistauglich nutzt, oder bei der Umstellung auf vorbereitende Lohnabrechnung. Genau in diesen Momenten erleben Mitarbeitende: „Ich darf auch etwas nicht wissen – und trotzdem bin ich hier richtig.“

 

Gleiches gilt für eigene Fehler: Wenn eine Schicht falsch geplant war oder Überstunden aus dem Ruder gelaufen sind, benenne das, erkläre, was Du daraus lernst, und lade Dein Team ein: „Was würdet ihr anders machen?“ So entsteht Schritt für Schritt eine Fehlerkultur, in der Lernen wichtiger ist als Schuld.

 

Weitere Anregungen zu mentaler Gesundheit und Prävention findest Du hier.

 

 

5) Generationen verbinden statt gegeneinander stellen

 

In vielen Betrieben arbeiten heute mehrere Generationen zusammen: Kolleginnen, die seit 30 Jahren im Unternehmen sind, neben Berufseinsteigerinnen, die mit Smartphone, Emojis und Remote-Meetings aufgewachsen sind. Ohne psychologische Sicherheit werden daraus schnell Lager: „Die Jungen wollen nur Freizeit“ vs. „Die Alten blockieren alles“.

 

"Unterschiede sollten wir nicht als Bedrohung empfinden, sondern als natürliche Vielfalt, aus der wir lernen können." -- Yeeter Cetinkilic, Bridgehouse

 

Stattdessen kannst Du die Unterschiede bewusst nutzen. Lass erfahrene Mitarbeitende erklären, warum bestimmte Sicherheitsroutinen, Schichtabläufe oder dokumentierte Prozesse so wichtig sind. Gleichzeitig können Jüngere Ideen einbringen, wie Ihr Kommunikation, Schichttausch oder Urlaubsplanung über mobile Apps leichter macht. Wichtig ist, dass alle erleben: Hier darf jeder beitragen – unabhängig von Alter, Titel oder Vertragsart.

 

Hilfreich sind einfache Formate: kurze Runden, in denen jede Generation schildert, was sie unter „Respekt“ oder „guter Führung“ versteht; Tandems, in denen Erfahrene und Jüngere sich gegenseitig einen Bereich zeigen; gemeinsame Regeln, wie ihr im Team sprecht, Feedback gebt und Konflikte klärt. Je sicherer der Rahmen, desto eher wird aus Reibung produktive Energie.